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Bunker gesucht

08.11.2004

Verteidigungsminister Peter Strack verabschiedet sich von der Armee des Kalten Krieges. Trotzdem hält er an fragwürdigen Rüstungsprojekten fest.

Eigentlich haben die Marschflugkörper vom Typ "Taurus" kein Problem, ihr Ziel zu finden. Geleitet von Satelliten und Sensoren, die das Gelände abtasten und mit dem einprogrammierten Kurs vergleichen, können sie sicher bis zu 350 Kilometer entfernte massive Bunker punktgenau aufspüren und zerschlagen.

Aber wo befinden sich solche Bunker? Vor allem auf den Militärarealen in Russland oder Osteuropa, wo sie einst Kampfjets, Fernmelde-zentralen oder Gefechtsstände vor Angriffen aus dem Westen schützen sollten.

Die Nato wird da kaum noch attackieren - aber die deutsche Luftwaffe will trotzdem 600 "Taurus"-Exemplare anschaffen, zum Preis von fast 60o Millionen Euro. Dazu kommen die Kosten für Lagerung, Wartung und den Umbau der Eurofighter, von denen aus die Waffen gestartet werden.

Diese Ausgaben könnte sich die Berliner Regierung sparen, wenn es Verteidigungsminister Peter Strack ernst damit wäre, sich von der Bundeswehr des Kalten Krieges zu verabschieden. Vergangene Woche sah es noch so aus, als wäre er dabei. Während sich die halbe Republik darüber erregte, dass Strack 105 Standorte schließen will, spendete Gerhard Schröder dem Verteidigungsminister am Mittwoch im Kabinett "ein dickes Lob". Ganz "hoch professionell", tönte der Kanzler, habe der Bundeswehrchef die schwierige, aber notwendige Entscheidung vorbereitet. Die Ministerkollegen klopften Beifall.

Die Stationierungspläne der Vorgänger Volker Rühe (CDU) und Rudolf Scharping (SPD), so begründete Struck sein Streichkonzept, hätten nicht den "Bedürfnissen einer weltweit operierenden Bundeswehr" entsprochen. Sie seien "noch zu sehr an Szenarien des Kalten Krieges orientiert" gewesen.

"Wenn die Bedrohung weniger Panzer erfordert", erläuterte der Minister, "brauchen wir auch nicht mehr so viele Panzerbataillone." Also wird der Bestand an "Leopard"-Panzern - immerhin noch 1792 Stück - auf 350 schrumpfen, die Zahl der Panzerbataillone von 13 auf 6. Das soll helfen, die Betriebskosten zu senken und Mittel für modernes Kriegsgerät frei zu machen.

Doch insbesondere die Luftwaffe pflegt noch alte Zöpfe aus dem Kalten Krieg - und das für viel Geld. Zwar hat Strack schon verfügt, bis Ende nächsten Jahres 90 der gut 300 Tornado-Kampfjets stillzulegen, aber noch immer üben deutsche Piloten wirklichkeitsfremde Einsätze wie den Abwurf von Atombomben. Als säße der Gegner noch in Moskau, hält das Geschwader 33 im rheinland-pfälzischen Büchel dazu eigens Jagdbomber bereit. Wie eh und je liegen amerikanische Nuklearwaffen verbunkert unter der Erde.

Im Kalten Krieg sah ein Atom-Szenario so aus: Auf dem Weg in die Sowjetunion werden die Tornado-Bomber über der Ostsee betankt, um ihre "Eindringtiefe" zu vergrößern. Dann rasen sie im Tiefflug weiter, um russische Städte
nuklear zu verwüsten. Weil der Sprit nicht zur Heimkehr reicht, warten andere Tornados, so genannte Buddies (Kumpel) mit Treibstoff über der Ostsee. Falls das Tank-Rendezvous nicht klappt, springen die deutschen Crews über baltischen Sowjet-Republiken ab - hoffend, dass Spezialkräfte sie herausholen.

So trainieren sie in Büchel noch heute. Auch in Zukunft, sagt Luftwaffeninspekteur Klaus-Peter Stieglitz, soll dieser "nukleare Teilhabe" genannte Auftrag für das Geschwader erhalten bleiben.

Nicht minder fragwürdig ist Stracks Rüstungsprojekt "Taurus", dessen Wurzeln ebenfalls noch in die Zeit des Kalten Krieges reichen. Mit Transall-Transportern hat die Luftwaffe jetzt Probe-Exemplare zur "Einsatzprüfung" auf dem Militärgelände von Overberg nach Südafrika geschafft. Die Zeit drängt. Im Dezember soll der Haushaltsausschuss des Bundestags 520 Millionen Euro für eine "Rollenanpassung" des Eurofighters freigeben.

Hinter dem harmlos klingenden Begriff verbirgt sich der Plan, die Jagdflugzeuge - Stückpreis ohne Bewaffnung bisher gut hundert Millionen Euro - nachträglich zu Bombern aufzurüsten, um auch Waffen wie "Taurus" einsetzen zu können. Zweifel der Hauskälter am Nutzen dieses Flugkörpers kämen da nicht zupass.

Tatsächlich waren Tests der zum EADS-Konzern gehörenden Herstellerfirma bisweilen missglückt: Mal stürzte ein Prototyp ab, mal versagte das Navigationssystem. Noch fehlt der Nachweis, dass die angeblich allwettertaugliche Waffe bei Nebel und Regen trifft - oder dem Einfluss von Störgeräten standhält, wie sie der Irak gegen Flugkörper der Amerikaner einsetzte.

Bei Fachleuten im Bundestag wachsen deswegen Zweifel an der Bestellung. "Zumindest über die Stückzahl muss man nachdenken", rät der zuständige SPD-Experte Rainer Arnold. Zudem rätseln selbst hohe Ministeriale im Wehrressort, wo in aller Welt die 600 Ziele liegen, die General Stieglitz knacken möchte. Die Bundeswehr bekomme ja bald eigene Spionage-Satelliten, lästert ein Struck-Vertrauter, "dann wird die Luftwaffe die Bunker schon noch finden".