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Richterin vermeidet den Ernstfall

30.03.2005 

Das Landgericht Koblenz spricht Anti-Atom-Aktivisten frei, die Bundeswehrsoldaten zur Befehlsverweigerung aufgefordert hatten. Das Gericht klärte aber nicht, ob ein Atombombenabwurf der Bundeswehr gegen das Völkerrecht verstieße

Wer Bundeswehr-Soldaten dazu aufruft, Atomwaffen-Einsätze zu verweigern, macht sich nicht strafbar. Das Landgericht Koblenz sprach gestern zwei Friedensaktivisten frei und hob ein anders lautendes Urteil des Amtsgericht Cochem auf. Ob Atomwaffen völkerrechtswidrig sind, blieb allerdings ungeklärt.

Auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz lagern nach Informationen der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA) immer noch elf US-Atomsprengköpfe mit einer Zerstörungskraft von je 15 Hiroshima-Bomben. Im Ernstfall würden sie von deutschen Piloten mit Bundeswehr-Tornado-Jets unter Nato-Kommando zum Kriegsschauplatz geflogen und dort eingesetzt. Die Bundesregierung macht "aus Sicherheitsgründen" auch unter Rot-Grün dazu keine Aussagen.

Im März und Juni 2004 verteilte die GAAA Flugblätter vor der Kaserne in Büchel. "Verweigern Sie jegliche Beteiligung an der völker- und grundgesetzwidrigen nuklearen Teilhabe", hieß es in dem Aufruf, "ermutigen Sie ihre Kameraden, sich ihrem Ungehorsam anzuschließen!". Daraufhin wurden die Aktivisten vom Amtsgericht Cochem wegen "öffentlicher Aufforderung zu Straftaten" verurteilt, zwei von ihnen sollten ein bis zwei Monate ins Gefängnis.

Die GAAA beruft sich auf ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofes (IGH), das im Jahr 1996 im Auftrag der UNO-Generalversammlung erstellt wurde. Die Richter sahen im Atomwaffeneinsatz einen "generellen Widerspruch" zum humanitären Völkerrecht, weil beim Einsatz von Nuklearwaffen nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen unterschieden werden könne. Allerdings ließ das UN-Gericht offen, wie die nukleare Option "in einer extremen Notwehrsituation" zu beurteilen ist. Ein Passus, auf den sich die Atomwaffenstaaten seitdem berufen.

Das Landgericht Koblenz hat sich gestern nicht näher mit dem Völkerrecht beschäftigt und entsprechende Beweisanträge der Angeklagten abgelehnt. Vielmehr wurden die Angeklagten noch am Vormittag freigesprochen, weil der Aufruf "noch" vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sei, wie die Richterin Andrea Wild-Völpel erklärte, es handele sich um diskussionswürdige Äußerungen.

Der Heidelberger Sozialpädagoge Herrman Theisen, der für das Flugblatt presserechtlich verantwortlich war, konnte sich über den Freispruch nur teilweise freuen. "Eigentlich wollten wir erreichen, dass deutsche Gerichte das IGH-Gutachten für verbindlich erklären", betonte Theisen nach dem Koblenzer Urteil. Die GAAA ist vor einigen Jahren bereits in das Kasernengelände in Büchel vorgedrungen, um so die Gerichte mit den in Deutschland lagernden Atomwaffen zu befassen. Ebenfalls ohne Erfolg.

Die Aktivisten wären deshalb auch wenig empört, wenn die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts in Berufung geht. Denn dann gäbe es einen neuen Prozess und zumindest neue Öffentlichkeit am Oberlandesgericht Koblenz.

taz Nr. 7626 vom 30.3.2005, Seite 7, 101 Zeilen (TAZ-Bericht), CHRISTIAN RATH