Rechtliche Informationenfür Aktive, die sich an denvon der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA)organisierten Aktionen des Zivilen Ungehorsams beteiligenzuletzt aktualisiert am 3.11.2020
1. Zunächst einmal: Was Ziviler Ungehorsam bedeutet
2. Beispiele für Aktionen des Zivilen Ungehorsams / Mögliche juristische Folgen / Erfahrungen der GAAA Gegen den Verfasser dieser Zeilen liefen bisher vier Verfahren wegen Durchführung einer Versammlung ohne Anmeldung. Verurteilt wurde er allerdings in keinem der vier Verfahren: eines wurde in einer Gerichtsverhandlung gegen die Zahlung einer Geldbuße von 75 D-Mark eingestellt; ein anderes wurde schon vor einer möglichen Verhandlung durch die Staatsanwaltschaft wegen Geringfügigkeit ohne Auflagen eingestellt; von den beiden restlichen Verfahren hat er nie mehr etwas gehört, nachdem er Ladungen zur Vernehmung bei der Polizei nicht gefolgt war. Ein anderer GAAA-Aktiver erhielt im November 2015 einen Strafbefehl über eine Geldstrafe von 2.400 Euro, weil er beschuldgt wurde,im Frühjahr 2015 der Veranstalter von 22 Blockadeaktionen in Büchel gewesen zu sein. Er legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Nach einer Verhandlung im Amtsgericht Cochem am 22.6.2016, die an diesem Tag nicht beendet wurde, einigten sich die Prozessbeteiligten im Juli 2016 darauf, dass das Strafverfahren eingestellt wurde. Dem Beschuldigten wurde zur Auflage gemacht, 400 Euro an eine gemeinnützige Organisation zu zahlen, was er tat. Ein Solifonds erstattete ihm diesen Betrag. Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Verteidigers trug die Staatskasse. Die Zahlung der 400 Euro bedeutete kein Schuldeingeständnis, es erfolgte auch keine Eintragung ins Führungszeugnis. Im Dezember 2018 erhielt ein Aktiver, der den Behörden als Versammlungsleiter einer IPPNW-Aktion vom 18.6.2018 gemeldet worden war, einen Strafbefehl über 70 Tagessätze à 30 Euro, weil er nicht verhindert habe, dass bei der Aktion der Fliegerhorst Büchel blockiert wurde. Er legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein. so dass es am 26.6.2019 zu einer Verhandlung im AG Cochem kam. Dort wurde der Angeklagte zu 70 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt. Dagegen legte er Berufung ein, so dass es zu einer Verhandlung im LG Koblenz kommen wird. Im Juni und im August 2019 wurden zwei Ermittlungsverfahren eingeleitet gegen zwei Aktive, denen zur Last gelegt wird, sie hätten am 23.5.2019 bzw. am 29.7.2019 jeweils eine nicht angemeldete Versammlung (Blockade des Pazifik-Netzwerks bzw. Aktion von QuäkerInnen) vor der Haupteinfahrt des Fliegerhorsts Büchel durchgeführt. Beide Verfahren wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt, ohne dass es zu einem Strafbefehl oder einer Anklageschift gekommen wäre. Die StA schrieb, sie sei jeweils von einem "einmaligen Fehlverhalten" ausgegangen – im Wiederholungsfall müsse mit einer Bestrafung gerechnet werden. Im Januar 2020 erhielt eine Aktive einen Strafbefehl über 50 Tagessätze à 60 Euro, weil sie am 10.7.2019 als Leiterin einer Versammlung auf dem Verkehrkreisel vor dem Büchel-Haupttor Auflagen nicht befolgt habe. Einer Ladung zur Anhörung bei der Polizei ihres Heimatorts folgte sie nicht. Sie legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein und betraute einen Rechtsanwalt mit der Vertretung ihrer Interessen in dieser Sache. Das Amtsgericht Cochem hat am 8.6.2020 über ihren Einspruch verhandelt und das Verfahren ohne Auflagen auf Kosten der Staatskasse eingestellt. Im August 2020 erhielt ein Aktiver von der Polizei Cochem einen Anhörungsbogen, da ihm der Vorwurf gemacht werde, bei einer Mahnwache in Büchel am 15.7.2020 als Leiter die Straftat "Verstoß gegen das Versammlungsgesetz" begangen zu haben: Er habe eine spontane Versammlung angemeldet, die aber nicht spontan gewesen sei.
Bei der ersten Büchel-Blockade in 2003 wurden drei (von neun) Toren des Fliegerhorsts blockiert. Die Polizei ließ die BlockiererInnen an zwei Toren unbehelligt und räumte nur die am dritten Tor von der Fahrbahn, stellte aber nicht ihre Personalien fest. Die Aktion hatte also keine juristischen Folgen.
Nach der ersten EUCOM-Blockade mussten die BlockiererInnen je 31,70 Euro an Polizeieinsatzkosten zahlen. Nach der zweiten erhielten zwei Teilnehmer wegen Veranstaltens einer verbotenen Versammlung Strafbefehle, wurden aber in der Gerichtsverhandlung rechtskräftig freigesprochen. Nach der dritten EUCOM-Blockade wurden zwei Nötigungs-Strafverfahren eingeleitet, dann aber als „Bagatellsachen“ eingestellt. Außerdem gab es auch hier Polizeieinsatzkosten-Bescheide; die Betroffenen legten Widersprüche ein; diesen wurde stattgegeben.
Bei der zweiten Blockade in Büchel wurden am 11./12. August 2013 alle neun Tore für knapp 24 Stunden blockiert. In dieser Zeit gab es nur ein Mal eine Räumung an einem Tor, das nur für FußgängerInnen benutzbar war; es wurde niemand festgenommen. Nur einer von uns wurde wegen der Aktion strafverfolgt, jedoch nicht, weil er an der Blockade teilgenommen hatte, sondern weil er vorher mit Flugblättern zur Teilnahme aufgerufen hatte. Das wurde in einer ersten Gerichtsverhandlung als Aufruf zu Straftaten gewertet (siehe auch unten Abschnitt e, letzter Absatz). Das Gericht sah die Blockade unter anderem wegen der so genannten "Zweite-Reihe-Rechtsprechung" als strafbare Nötigung an. Diese besagt folgendes: Die Sitzblockade vor einem einzelnen Fahrzeug bedeutet eine psychische Einwirkung auf die Fahrerin/den Fahrer. Es ist keine unüberwindbare physische Einwirkung, denn theoretisch könnte das blockierte Fahrzeug über die Sitzenden hinwegfahren. Die psychische Einwirkung kann nicht als Gewalt und folglich nicht als Nötigung ausgelegt werden. Ist jedoch ein zweites Fahrzeug betroffen und evtl. auch weitere Fahrzeuge, die hinter dem blockierten ersten halten müssen, so stellt das erste Fahrzeug für die dahinter stehenden ein unüberwindbares physischesHindernis dar. Eine solche Blockade wird laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als gewalttätiges Einwirken gewertet und somit als Nötigung und somit als Straftat. Das Bundesverfassungsgericht hat diese "Zweite-Reihe-Rechtsprechung" im März 2011 bestätigt. Trotzdem wurde keineR der BlockiererInnen vom 11./12.8.2013 strafverfolgt, denn die Polizei hatte keine Personalien von Blockierenden aufgenommen.
Nach der dritten Blockade in Büchel am 6.8.2014 wurde gegen einen der BlockiererInnen, der als einziger an ein Zufahrstor angekettet war, ein Strafverfahren wegen Nötigung eingeleitet. Der Betreffende hat der GAAA mitgeteilt, dass dieses Verfahren mit anderen Strafverfahren, die andernorts gegen ihn eingeleitet worden sind, zusammengelegt worden sei. Ob es ein Urteil gab, hat er nicht mehr mitgeteilt.
Wegen der vierten Blockade in Büchel am 8.8.2014 gab es gegen die einzige Aktivistin, die der Aufforderung der Polizei zum Verlassen der Fahrbahn nicht folgte, sondern sich wegtragen ließ, ein Nötigungsverfahren. Deswegen erhielt sie auch, weil sie noch nicht 21 Jahre alt war, eine Ladung ins Jugendamt ihres Wohnorts. Sie folgte der Ladung, sprach mit einer Frau von der Jugendgerichtshilfe – und erfuhr wenig später, ihr Verfahren sei eingestellt worden.
Die fünfte Blockade in Büchel fand an einem Wochenendtag im August 2014 statt; sie wurde nicht von der Polizei geräumt und es gab keine rechtlichen Folgen für die TeilnehmerInnen.
Wegen der Blockaden in Büchel, die von "büchel65" organisiert wurden (27 Aktionen zwischen dem 26.3. und 29.5.2015) und die ab 2016 von der Kampagne "Büchel ist überall! - atomwaffenfrei.jetzt" organisiert wurden, gab es keine juristischen Konsequenzen für TeilnehmerInnen, obwohl es in einigen Fällen zu polizeilichen Räumungen und Personalien-Feststellungen kam. Bei der Abschlussaktion von "büchel65" ("Zahnbürstenblockade") am 29.5.2015 wurden sogar 22 Teilnehmende festgenommen, für rund fünfeinhalb Stunden in einen Gefängnisbus eingesperrt und einzeln einem Richter vorgeführt. Trotzdem wurden die eingeleiteten Nötigungsverfahren später wegen Geringfügigkeit und ohne Auflagen eingestellt. Bei einer Blockade mehrerer Zufahrten des Bücheler Fliegerhorsts am frühen Morgen des 27.3.2017 erhielten acht am Haupttor geräumte BlockiererInnen Platzverweise (siehe unten Punkt 7). Als nach Beendigung der Aktion alle TeilnehmerInnen noch einmal zu einem Abschlusskreis auf dem Verkehrskreisel vor dem Haupttor zusammenkamen, wurden sie (20-30 Leute) von der Polizei eingekesselt. Sie wurden einzeln aus dem Kessel herausgeführt, wurden durchsucht und fotografiert, es wurden ihre Personalien notiert und Platzverweise ausgesprochen. Die meisten wurden nach dem Ende der ca. anderthalbstündigen Prozedur entlassen, aber sieben der acht, die am frühen Morgen schon Platzverweise erhalten und nun beim Abschlusskreis dagegen verstoßen hatten, blieben in Gewahrsam. Eine von ihnen, eine Minderjährige, wurde nach ca. 4 Stunden aus dem Gewahrsam in Cochem entlassen, die anderen sechs wurden zur Polizei nach Koblenz gefahren und dort erst nach ca. 8 Stunden entlassen. Aber auch wegen der Aktion an diesem 27.3.2017 gab es für niemanden juristischen Konseqenzen. Juristische Konseqenzen gibt es für eine Unterstützerin einer Blockade von Tor 1 des Bücheler Fliegerhorsts durch Menschen von "Stopp Airbase Ramstein", die für einen Tag, den 28.6.2019, nach Büchel gekommen waren. Die Unterstützerin erhielt Anfang März 2020 per Strafbefehl eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen und legte dagegen Einspruch ein. Ihr wird vorgeworfen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet zu haben – Polizisten waren gegen sie handgreiflich geworden.Über ihren Einspruch gegen den Strafbefehl soll am 4.11.2020 im Amtsgericht Cochem verhandelt werden. Übrigens kann auch schon das Trainieren von Blockade-Taktiken als rechtswidrig angesehen werden. Jedenfalls hat das Verwaltungsgericht Aachen in einem Urteil, das im Juli 2011 veröffentlicht wurde, so entschieden. Damals hatte der Aachener Polizeipräsident eine Versammlung verboten, in der Blockaden einer Kundgebung von Rechtsextremen trainiert werden sollten. Das Gericht gab ihm recht. Am 12.9.2016 sind neun Leute in einer vom "Jugendnetzwerk für politische Aktionen - JunepA" organisierten Aktion durch den Zaun (ohne ihn aufzuschneiden) auf die Start- und Landebahn gelangt, die sie für etwa 90 Minuten besetzt haben. Acht von ihnen erhielten Anklageschriften mit dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs. Im Amtsgericht Cochem sind sieben von ihnen zu Geldstrafen von je 30 Tagessätzen verurteilt worden, die achte Person zu 60 Tagessätzen, weil sie zusätzlich des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig gesprochen worden ist. Sechs der Verurteilten haben Berufung eingelegt und die "Prozesskampagne Wider§pruch" gegründet. Die Berufungen der sechs wurden in zwei Verhandlungen im Landgericht Koblenz verworfen. Dagegen legten fünf von ihnen Revision ein. Die Geldstrafe des sechsten (30 Tagessätze) wurde rechtskräftig und er "verkaufte" alle Tagessätze im Januar 2020, d.h. SympathisantInnen übernahmen einzelne Tagessätze für ihn und zahlten an seiner Stelle in die Justizkasse ein. Die Revisionsanträge der fünf anderen wurden vom Oberlandesgericht (OLG) Koblenz abgewiesen, d.h. ihre Geldstrafen von je 30 Tagessätzen wurden rechtskräftig. Zwei von ihnen haben am 9.11.2018 dagegen eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, die drei anderen taten dasselbe am 18.5.2020. Im Juni 2020 beschloss das Bundesverfassungsgericht, die Beschwerden, die 2018 eingelegt worden waren, nicht zur Entscheidung anzunehmen – ohne Begründung. Wegen der in zwei Entscheidungen des OLG rechtskräftig gewordenen Geldstrafen haben zwei der Verurteilten ihre Tagessätze komplett "verkauft", die drei anderen teilweise: Eine der drei hat ihre Reststrafe von 8 Tagen vom 21. bis 28.3.2019 im Gefängnis "abgesessen", die zwei anderen wollen Reststrafen noch in 2020 "absitzen". Am 13.7.2017 gingen eine Aktivistin und ein Aktivist, beide aus den USA, durch den leicht zu öffnenden provisorischen Zaun am Verkehrskreisel vor dem Fliegerhorst-Haupttor etwa 100 Meter in den Militärischen Sicherheitsbereich hinein und gelangten bis zum eigentlichen Haupttor, wo sie von Wachsoldaten festgesetzt wurden. Die herbeigerufene Polizei stellte ihre Personalien fest und entließ sie an Ort und Stelle wieder. Ebenso erging es ca. 30 AktivistInnen, die drei Tage später ein ähnliches Go-In unternahmen, wobei allerdings einige von ihnen durch ein überaschender Weise offenes Fußgängertor bis zu 100 Meter hinter das Haupttor gelangten. Die Aktion am 13.7.17 hatte anscheinend keine juristischen Folgen für die Eindringlinge. Wegen der Aktion am 16.7.17 warf die Bundeswehr den Eindringlingen das Begehen einer Ordnungswidrigkeit (unbefugtes Betreten eines Militärischen Sicherheitsbereichs) vor und sandte ihnen im Sommer und Herbst 2018 deswegen Anhörungsbögen, auf denen sie zu dem Vorwurf Stellung nehmen können. Im Februar 2019 versandte die Bundeswehr deswegen Bußgeldbescheide in Höhe von jeweils 150 Euro plus 28 Euro Verfahrenskosten. Zwei Aktive haben das Bußgeld bezahlt, die anderen haben Einspruch eingelegt. Im August 2019 wurden die Owi-Verfahren gegen drei Aktive, die Einspruch eingelegt hatten, wegen Verjährung eingestellt (wahrscheinlich auch die Verfahren gegen alle anderen, die Einspruch eingelegt haben). In der Nacht vom 17. auf den 18.7.2017 unternahmen vier US-AktivistInnen und ein Deutscher in der Nähe des Haupttors ein Go-In, wobei sie vier Mal Zäune aufschnitten. Sie verbrachten mehr als eine Stunde unentdeckt auf dem mit Erde bedeckten Dach eines Bunkers, wurden dann von Bundeswehrsoldaten in Gewahrsam genommen, durchsucht und fotografiert, dann vor dem Fliegerhorst der Polizei übergeben und dort entlassen. Die Ermittlungsverfahren gegen die vier AmerikanerInnen wurden im folgenden Monat "wegen geringer Schuld und fehlenden öffentlichen Interesses" eingestellt, der Deutsche jedoch erhielt eine Anklageschrift, in der ihm Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch zur Last gelegt wurden. Im Amtsgericht Cochem wurde er zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt, wogegen er Berufung einlegte. Unterdessen haben die nicht strafverfolgten US-AktivistInnen bei der Staatsanwaltschaft Koblenz vergeblich darauf gepocht, ebenfalls angeklagt zu werden. In der Berufungsverhandlung hat das Landgericht Koblenz die Strafe von 40 auf 25 Tagessätze heruntergesetzt. Der Angeklagte hat dann Revision eingelegt, die im April 2019 vom Oberlandesgericht Koblenz abgewiesen wurde. Damit war seine 25-Tagessätze-Geldstrafe rechtskräftig. Von dieser Strafe hat er 10 Tagessätze durch eine demonstrative 10tägige Ersatzfreiheitsstrafe getilgt. Für die verbliebenen 15 Tagessätze wurde er aus dem Gefängnis freigekauft mit Spenden, die zu diesem Zweck von SympathisantInnen auf ein GAAA-Konto eingezahlt worden waren. Weitere Go-In-Aktionen hat es in Büchel am 18. Juni, am 11. und 15. und 23. Juli sowie am 6. August 2018 gegeben. Bei dreien dieser fünf Aktionen wurden Militärzäune aufgeschnitten. Wegen der Aktion am 18.6.2018 haben 7 TeilnehmerInnen Bußgeldbescheide wegen unerlaubten Betretens von Militärgelände erhalten. Von ihnen hat einer das Bußgeld bezahlt, ohne Einspruch eingelegt zu haben. Die anderen 6 haben Einspruch eingelegt, aber einer von ihnen hat seinen Einspruch zurückgenommen, so dass auch sein Bußgeld rechtskräftig wurde. Die erste der 5 anderen hatte Verhandlung im Amtsgericht Bonn, wo ihr Verfahren aus Mangel an Beweisen auf Kosten der Staatskasse eingestellt wurde. Danach wurden mindestens zwei weitere Verfahren eingestellt, möglicherweise aber auch alle vier verbliebenen Verfahren (zwei Betroffene haben sich nicht mehr zurückgemeldet). Wegen der Aktion vom 15.7.2018, bei der 18 TeilnehmerInnen durch 5 Löcher im Zaun in den Fliegerhorst gelangt sind, sind im Mai 2019 elf Strafbefehle des Amtsgerichts Cochem über Geldstrafen von jeweils 30 Tagessätzen wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung ergangen. Alle elf Betroffene haben Einsprüche eingelegt. Die erste Verhandlung deswegen fand am 22.1.2020 im Amtsgericht Cochem statt. Vier der AktionsteilnehmerInnen wurden dort zu Geldstrafen von je 30 Tagessätzen verurteilt und legten dagegen Berufung ein. Drei weitere sind am 11.5.2020 in demselben Gericht ebenfalls zu Geldstrafen von je 30 Tagessätzen verurteilt worden, eine davon wurde rechtskräftig. Weitere drei Weitere sind am 10.6.2020 in demselben Gericht ebenfalls zu Geldstrafen von je 30 Tagessätzen verurteilt worden. Auch hiervon wurde eine Strafe rechtskräftig, die Betroffene erhielt im August 2020 eine Kostenrechnung über 440 Euro (300 Euro Geldstrafe plus 140 Euro Verfahrenskosten), sie teilte mit, dass sie nicht bezahlen wolle. Die beiden anderen, die Berufung gegen die Verurteilungen am 10.6.2020 eingelegt hatten, wurden für den 8.10.2020 zur Berufungsverhandlung ins Landgericht Koblenz geladen. Die elfte Person scheint (absichtlich?) "vergessen" worden zu sein. Ein zwölfter Aktionsteilnehmer, der in den USA lebt, erfuhr erst im Mai 2020 davon, dass bereits im Juli 2019 gegen ihn ein Strafbefehl ergangen ist. Gegen ihn wurde eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen wegen dieser Aktion sowie wegen des Go-Ins vom 6.8.2018 verhängt. Die erste Berufungsverhandlung wegen der Aktion vom 15.7.2018 gab es am 4.8.2020 im Landgericht Koblenz, wo eine am 11.5.2020 im Amtsgericht Cochem ergangene Verurteilung gegen einen Aktivisten bestätigt wurde. Den 7 TeilnehmerInnen des Go-Ins am 23.7. ist neben Hausfriedensbruch zunächst auch noch Sachbeschädigung und "gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr" vorgeworfen worden, jedoch sind diese beiden Vorwürfe später fallen gelassen worden. Die Ermittlungsverfahren gegen 2 Teilnehmerinnen wurden eingestellt, weil sie "Ersttäterinnen" gewesen seien. Die 5 anderen erhielten Strafbefehle und wurden am 12.12.2018 im Amtsgericht Cochem wegen Hausfriedensbruchs zu Geldstrafen verurteilt: vier zu 30 Tagessätzen und einer (ein "Wiederholungstäter") zu 60 Tagessätzen. Alle 5 legten Berufung ein. Das Landgericht Koblenz wies am 19.2.2020 die Berufungen zurück, setzte aber die Strafe für den "Wiederholungstäter" auf 30 Tagessätze herunter, weil seine Verurteilung wegen einer anderen Aktion noch nicht rechtskräftig gewesen war. Die Strafe dieses Aktivisten wurde rechtskräftig, die vier anderen gingen in Revision ans Oberlandesgericht Koblenz. Dort wurden die Revisionsanträge im Juli 2020 abgewiesen, also waren auch diese vier Strafen rechtskräftig geworden. Die vier im OLG Verurteilten legten am 24.8.2020 in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde ein. Wegen der Aktion am 6.8.2018 gab es einen Strafbefehl, der ein paar Zeilen weiter oben schon erwähnt wurde. In 2019 hat es bis Ende Juli acht weitere Go-In-Aktionen in Büchel gegeben. Am 30.4. untergruben 5 Aktive den inzwischen errichteten provisorischen "Bauzaun", zwängten sich drunter durch und verblieben zwischen diesem und dem dahinter befindlichen alten Maschendrahtzaun. Gleichzeitig wurden an einer anderen Stelle beide Zäune sowie auch die dahinter liegenden Natodrahtrollen durchschnitten und 12 andere Aktive gingen durch die Löcher in den Zäunen auf das Fliegerhorstgelände. Alle 17 Aktive erhielten Strafbefehle (über Geldstrafen zwischen 25 und 50 Tagessätzen), einer legte keinen Einspruch ein und "verkaufte" zum größten Teil seine Tagessätze in einer Soliaktion (Sympathisierende zahlten an seiner Statt Teile seiner Strafe in die Justizkasse ein), ein anderer zog seinen Einspruch zurück (beide Strafbefehle über 30 Tagessätze wurden damit rechtskräftig), die anderen 15 haben Einspruch eingelegt und diese aufrecht erhalten. Die 5, die den "Bauzaun" untergraben hatten, haben ihren ersten Verhandlungstag im Amtsgericht Cochem am 3.6.2020 gehabt. Die Verhandlung wurde nach knapp zwei Stunden unterbrochen und am 19.6. fortgesetzt. Sie endete mit Verurteilungen zu Geldstrafen zwischen 30 und 60 Tagessätzen. Vier der fünf Verurteilten legten Berufung ein, eine der vier zog die Berufung aber zurück. In der Verhandlung mit den anderen drei Angklagten am 20.8.2020 im Landgericht Koblenz wurden die Berufungen abgewiesen, die Geldstrafen von 3x30 und 2x60 Tagessätzen sind somit für alle 5, die den "Bauzaun" untergraben hatten, rechtskräftig geworden. Von den 10 anderen hatten 3 eine Verhandlung im Amtsgericht Cochem am 24.6.2020. Zwei von ihnen wurden zu Geldstrafen verurteilt, sie legten Berufung ein, das Verfahren des dritten wurde abgetrennt, weil er zum "Tathergang" nicht aussagen wollte, einen neuen Verhandlungstermin hat er noch nicht. Die übrigen 7 haben 7 Verhandlungstermine in Cochem am 4.+11.+16.+18.+25. Nov. und am 2.+9. Dez. 2020. Im Juni 2020 hat ein weiterer Aktivist, der am 30.4.2019 nicht am Militärgelände, aber an der Aktionsvorbereitung beteiligt war und Werkzeug zur Verfügung gestellt hatte, eine Selbstanzeige wegen "Beihilfe" zur – vermeintlichen – Straftat bei der Staatsanwaltschaft Koblenz eingereicht. Sieben andere Go-Ins gab es am 10.7. (2) und 14.7. und 16.7. (2) und 22.7. und 27.7.; bei zweien davon wurden zwei Zäune aufgeschnitten, bei zweien wurde der äußere Zaun aufgeschnitten und bei den drei anderen wurde nichts beschädigt. Wegen des Go-Ins am Nachmittag des 10.7. hat eine Aktivistin im Mai 2020 einen Strafbefehl über 30 Tagessätze wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung erhalten und dagegen Einspruch eingelegt. Darüber soll im Amtsgericht Cochem am 7.12.2020 verhandelt werden.Wegen Teilnahme am Go-In vom 14.7. und am zweiten Go-In des 16.7. erhielt eine Aktivistin im Juni 2020 einen Strafbefehl über 100 Tagessätze und legte Einspruch ein. Wegen des zweiten Go-Ins vom 16.7. erhielt ein Aktivist ebenfalls im Juni 2020 einen Strafbefehl über 60 Tagessätze, auch er legte Einspruch ein. Darüber soll im Amtsgericht Cochem auch am 7.12.2020 verhandelt werden. Bisher (Stand 23.6.2020) waren 12 Mal gewaltfreie Aktive im Gefängnis, weil sie wegen Go-In- und/oder Zaunschneide-Aktionen in Büchel verurteilt worden waren. 9 Verurteilte haben Verfassungsbeschwerden eingelegt. In 6 Fällen hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen, die Beschwerden nicht zur Entscheidung anzunehmen; die 3 anderen Beschwerden wurden erst am 18.5.2020 in Karlsruhe eingereicht.
Wegen Aufrufs zur Blockade in Büchel am 11./12. August 2013 (siehe auch oben Abschnitt b, 3. Absatz) wurde einer von uns strafverfolgt wegen öffentlicher Aufforderung zur Nötigung. Im Amtsgericht Koblenz wurde er in 1. Instanz zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Er legte dagegen Berufung ein. In der 2. Instanz sprach ihn das Landgericht Koblenz frei. Gegen den Freispruch legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Diese wurde in der 3. Instanz vom Oberlandesgericht Koblenz abgelehnt, das heißt, der Betroffenen ist rechtskräftig freigesprochen. Von der Justiz unbehelligt blieben 36 Leute, die sich aus Solidarität mit dem Angeklagten im Herbst 2013 selbst angezeigt hatten, weil auch sie nachweislich zu derselben Aktion aufgerufen hatten. Interessanter Weise hatte das Verwaltungsgericht Koblenz zwei Monate vor der Verurteilung durch das Amtsgericht schon ganz anders als das Amtsgericht entschieden. Es verhandelte wegen der Klage des Aufrufers gegen die Stadt Koblenz, die es ihm verboten hatte, seine Aufruf-Flugblätter zu verteilen. Das Verwaltungsgericht entschied, dieses Verbot sei rechtswidrig gewesen, weil mit den Flugblättern nicht zu einer strafbaren Blockade aufgefordert worden sei. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden und wurde auch später im Strafprozess verlesen, konnte die Amtsrichterin aber nicht von einer Verurteilung abhalten. Aber dieses Verurteilung hat ja – wie gesagt – keinen Bestand gehabt.
In den Jahren 2014/15/16 verteilte derselbe GAAA-Aktive mehrfach in Büchel und Umgebung Flugblätter, in denen er die SoldatInnen von Büchel aufforderte, Informationen im Zusammenhang mit der "Modernisierung" der Atombomben und über den Stand der Sicherheitsmaßnahmen zu veröffentlichen. Er wurde wegen öffentlichen Aufrufs zum Verrat von Dienstgeheimnissen angezeigt. Das Amtsgericht Cochem verurteilte ihn wegen der Flugblattverteilungen in 2014 zu einer Geldstrafe von 2.400 Euro und in einer späteren Verhandlung wegen der Verteilungen in 2015 noch einmal zu 1.200 Euro Geldstrafe. In der zweiten Verhandlung hatte die Anklagevertretung sogar auf eine Freiheitsstrafe auf Bewährung plädiert. Gegen beide Verurteilungen legten beide Seiten Berufung ein: der Angeklagte, weil er einen Freispruch erreichen wollte - die Staatsanwaltschaft, weil sie eine Freiheitsstrafe erreichen wollte. In der Berufungsverhandlung im Landgericht Koblenz forderte die StA dann zwar doch keine Haftstrafe, aber eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen (4.200 Euro). Das Landgericht aber sprach den Angeklagten frei. Dagegen legte die StA Revision ein, zog diese aber wieder zurück, womit der Freispruch rechtskräftig wurde. Schließlich sprach das Amtsgericht Cochem den Angeklagten auch vom Vorwurf der Aufforderung zum Gehemnisverrat durch seine Flugblattverteilungen in 2016 frei.
h) Fotografieren von Militärgelände
4. Zur Aktion mitnehmen / nicht mitnehmen
5. Personalienfeststellung
6. Kostenpflichtige Verwarnung
7. Platzverweis Laut einem Artikel in der Rhein-Zeitung vom 20.6.2018 kann die Polizei seit 2017 am Fliegerhorst Büchel nicht nur Platzverweise aussprechen, sondern ein Zuwiderhandeln auch mit einem Ordnungsgeld von 150 Euro ahnden.
8. Ingewahrsamnahme / Festnahme / Erkennungsdienstliche Behandlung
Vom 10. auf den 11.7.2019 wurden 8 Leute in Büchel zur Durchsetzung von Platzverweisen in polizeilichen Gewahrsam in Koblenz genommen. Mindestens zwei von ihnen erhielten im Februar 2020 vom Polizeipräsidium Koblenz Kostenbescheide: Sie sollen je 80 Euro für den Transport zur Polizei in Koblenz und für den dortigen Aufenthalt über Nacht bezahlen.
9. Polizeiliche Vernehmung
10. Gedächtnisprotokoll
11. Strafverfahren
12. Ordnungswidrigkeitsverfahren
13. Polizeieinsatzkosten
14. Rechtsmittel, Rechtskraft
Wenn du in einer Gerichtsverhandlung in 1. Instanz (bei Büchel-Strafprozessen ist das in der Regel das Amtsgericht in Cochem) verurteilt worden bist, kannst du dagegen Berufung einlegen. Dann wird die Sache in der 2. Instanz (bei Büchel-Strafprozessen ist das in der Regel das Landgericht in Koblenz) noch einmal neu verhandelt. Wenn du auch dort verurteilt wirst, kannst du dagegen Revision einlegen. Dann wird sich die 3. Instanz (bei Büchel-Strafproessen ist das in der Regel das Oberlandesgericht Koblenz) damit befassen. Hier wird allerdings nicht mehr über den "Tathergang" verhandelt, sondern nur darüber, ob in den Vorinstanzen rechtliche Fehler gemacht wurden. Deswegen ist es (fast) unerlässlich, dass die Revisionsbegründung von einer Rechtsanwältin / einem Rechtsanwalt verfasst wird, denn sie muss in einer "juristisch korrekten Form" abgeliefert werden. (Theoretisch ist es auch möglich, den Revisionsantrag selbst zu begründen, aber es ist für Nicht-JuristInnen kaum möglich, die "juristisch korrekte Form" zu finden.) Es besteht auch die Möglichkeit einer "Sprungrevision", das heißt, du legst schon gegen eine Verurteilung in 1. Instanz Revision ein, "überspringst" also das Landgericht und bringst die Sache mit Hilfe einer Anwältin / eines Anwalts gleich vors Oberlandesgericht. Beim Einlegen von Rechtsmitteln ist zu bedenken, dass sich jedesmal, wenn sich andere Instanzen damit beschäftigen müssen, die Verfahrenskosten erhöhen, die du bezahlen sollst, wenn du letzlich rechtskräftig verurteilt wirst. Andererseits kann durch das Einlegen von Rechtsmitteln erreicht werden, dass die einzelnen Instanzen aufmerksam bleiben und gründlich arbeiten. Wenn RichterInnen hingegen merken, dass ihre Entscheidungen unangefochten bleiben, kann dies sie dazu verleiten, in den Begründungen ihrer Entscheidungen und in ihren Verhandlungsführungen nachlässiger zu werden.
Die Punkte 15 bis 18 passen nicht mehr auf diese Internetseite. Ich sende sie auf Wunsch gerne per E-Mail zu (Martin Otto, jur.folgen@gaaa.org)
16. Vollstreckung von Strafen und Bußgeldern 17. "Legale Strafvereitelung" 18. Schließlich
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